Heute ist der Fotoapparat mal nur Mittel zum Zweck der Darstellung einer anderen Form des self made: Ich bekenne mich als leidenschaftliche Wollmaus. Ob Häkeln, Stricken, Sticken - find ich alles klasse. Und manchmal erziele ich damit so fantastische Ergebnisse, dass ich sie nicht für mich behalten, sondern der Welt präsentieren möchte. Den Anfang macht eines meiner aktuellen Lieblingsstücke - die Van Gogh-Tasche.
In der Drogeriemarktkette meines Vertrauens gibt es für einen Obolus von gerade mal 50 Cent „Pfand“ kleine Baumwolltäschchen, die sich in meiner Familie großer Beliebtheit freuen. Man kann in Ihnen das Pausenbrot mit zur Arbeit nehmen, die Utensilien für die aktuelle Handarbeit verstauen (sofern es sich nicht um einen Catsuit in Größe 46 handelt, an dem man gerade strickt) und vieles mehr. Außerdem prangt auf der Seite der Aufdruck „Ri, ra, rutsch, die Tasche geht nie futsch!“, was irgendwie auch der Wahrheit ist, wenn man sich nicht zwingend mit Messer, Schere oder Feuerzeug an dem guten Stück zu schaffen macht. Wenn man die Tasche nicht mehr mag, bringt man sie zurück und bekommt den Pfand in Höhe von 50 Cent zurückerstattet.
Wie wird nun aus diesem sowieso schon Kleinod eines Jutebehältnisses eine Van Gogh-Tasche?
Man braucht dafür eine Ri-ra-rutsch-Tasche, ca. 100 Gramm Sockenwolle von Opal (die es in diversen Farbkombinationen gibt, deren Spektrum sich an Van Gogh-Gemälden orientiert) und eine Häkelnadel Nr. 2,5, zwei dekorative, farblich auf die Wolle abgestimmte Knöpfe und viel Zeit.
Für den Boden der Tasche häkelt man zunächst 70 Luftmaschen, wendet die Arbeit, häkelt eine Luftmasche zum Wenden und anschließend 70 feste Maschen. Insgesamt häkelt man nun 28 Reihen zu je 70 festen Maschen und geht dann direkt zu einer Seite über, indem man mit einer Kettmasche zur (schmalen) Seite wechselt. Eine Kante zwischen Boden und Seite bekommt man, indem man die Seitenmaschen durch die Reihen hindurch aufnimmt. Dazu sticht man von hinten in die letzte feste Masche einer Reihe ein und durch den Luftmaschenbogen der nächsten Reise wieder nach hinten heraus, zieht eine Schlinge durch und beendet eine feste Masche. Für die nächste feste Masche sticht man von hinten durch den Luftmaschenbogen der letzten Reihe und durch die letzte feste Masche der nächsten Reihe wieder heraus usw. - insgesamt nimmt man so 27 feste Maschen auf und hat zum Boden eine klare Abgrenzung durch eine saubere Kante. Für diese schmale Seite häkelt man 61 Reihen feste Maschen, schneidet den Faden ab und zieht diesen durch die Schlinge der letzten festen Masche. Anschließend häkelt man die gegenüberliegende schmale Seite auf dieselbe Weise.
Für die breiten Seiten der Tasche nimmt man 69 feste Maschen auf, indem man Schlingbögen von hinten durch die Bögen der Reihenmaschen zieht und dadurch feste Maschen häkelt. Auch hier sind 61 Reihen fester Maschen zu häkeln.
Die Nähte, mit denen die einzelnen Seitenteile verbunden werden, erreicht man durch Kettmaschen, die man vom Boden ausgehend durch die Seitenmaschen der einzelnen Reihen führt. Am oberen Ende der Arbeit wendet man diese und häkelt eine zweite solche Naht aus Kettmaschen bis zum Boden, damit auf beiden Seiten eine regelmäßige Kette aus Schlingen zu sehen ist.
Am oberen Rand der Tasche häkelt man eine Reihe feste Maschen, die von hinten (in dem Fall dann schon „innen“) durch die Schlingen der letzten Reihe aufgenommen werden, so dass eine Kante entsteht. An den Stellen, wo sich die Henkel der Tasche befinden, häkelt man stattdessen 9 Luftmaschen. Die Jutetasche wird dabei in die Häkeltasche bereits eingearbeitet, man häkelt also um die Jutehenkel herum. Damit sind gehäkelte Außen- und Juteinnentasche miteinander verbunden. Für einen sauberen Abschluss wird der Rand noch umsäumt. Dafür häkelt man zunächst eine Reihe Stäbchen von hinten durch die Schlingen der festen Maschen des Randes (die Stäbchen müssten sich dann glatt von innen an den Taschenrand legen) und noch zwei weitere Reihen Stäbchen auf die erste Reihe, um einen ausreichenden Saumumschlag zu erhalten.
Für den Henkel auf der Rückseite der Tasche nimmt man 9 feste Maschen aus den äußeren Randmaschen und 9 feste Maschen aus den Luftmaschen vom inneren Saum der Seite auf und häkelt 100 Reihen. Am Ende wird der Henkel an der vorgesehenen Stelle mit 18 Kettmaschen an den äußeren festen Rand- und den Luftmaschen des inneren Saums befestigt. Mit Kettmaschen werden die Seiten des Henkel vernäht, wobei der Jutehenkel umschlossen wird.
Für den Henkel der Vorderseite häkelt man dekorative Patten, indem man zunächst 15 Luftmaschen, 3 Reihen zu je 15 fester Maschen, 3 Reihen zu je 13 fester Maschen, 3 Reihen zu je 11 fester Maschen sowie 4 Reihen zu je 9 fester Maschen häkelt. Für die Abnahme häkelt man jeweils die ersten sowie die letzten beiden festen Maschen zu einer zusammen (man zieht eine Schlinge durch den Bogen der ersten Masche, dann eine zweite Schlinge durch den Bogen der zweiten Masche und zieht dann die abschließende Schlinge durch beide Bögen (sowie die auf der Nadel liegende Schlinge) hindurch). Diese Patte befestigt man mit Kettmaschen an der Stelle, an welcher der Henkel sitzt, häkelt den Henkel wie oben beschrieben und fügt direkt nach Anschluss an die Tasche die zweite Patte an, indem man von 9 festen Maschen nach 4 Reihen jeweils am Anfang und Ende der Reihe eine weitere Masche (zu 11) zunimmt (man häkelt einfach zwei feste Maschen in den Bogen von einer), nach 3 Reihen auf 13 erhöht, nach 3 weiteren Reihen auf 15 erhöht und nach 3 Reihen durch Kettmaschen am Rand der Patte wieder zum Henkelansatz zurückkehrt, um den Henkel um den Jutehenkel herum mit Kettmaschen zu vernähen.
Nachdem alle Fäden sauber vernäht wurden, wird die Jutetasche an den Bodenkanten und in den Seitenkanten mit der Außentasche vernäht (das macht man am besten mit dem Häkelgarn, was wegen der Musterung des Garns und damit der gesamten Arbeit nahezu unsichtbar bleibt). Anschließend befestigt man die Patten mit ein paar Stichen an der Taschenwand und verziert sie mit farblich abgestimmten Knöpfen.
Das Ergebnis: ein echtes Unikat!